Wenn jegliche Infrarstruktur in einem Dorf zerstört ist und das Dorf von der Außenwelt abgeschnitten ist, stellt sich die Frage, wie sichert man das Überleben und die soziale Struktur? In Rech war es tatsächlich so, dass der Ort durch die Flutkatastrophe von der Außenwelt mehrere Tage abgeschnitten war. Die dreihundert Jahre alte Nepomuk-Brücke wurde in der Sturmflut zerstört. Helfer konnten nicht übersetzen. Eine Notversorgung gab es nur über Hubschrauber der Bundeswehr.
Die Bewohner entwickelten einen erstaunlichen Zusammenhalt. In regelmäßigen Bürgerversammlungen beraten sie ihre Lage. Es war schnell klar, dass die alten Strukturen nicht mehr funktionieren würden. Man kann, auch wenn man eine Unterkunft gefunden hat, dort nicht Kochen, Duschen, Telefonieren, Waschen oder auf Klo gehen. Sie richteten sehr schnell eine gemeinschaftliche Versorgungsstation ein. Hierfür sammelten sie Konserven und Lebensmittel. Viele hatten wegen Corona ja volle Vorratskeller. Dann kam die Frage auf, was passiert mit dem benutztem Geschirr? Das muss gespült werden. Ganz zu beginn wurde - wie zu Urgroßmutters Zeiten - im Bach gespült. Später kam eine Spülstation hinzu. Die Versogungsstation und die Spülstation werden von Freiwilligen betrieben. Diese gemeinschaftlichen Einrichtungen erleichtern den Menschen das Leben ungemein. Sie müssen sich nicht um Kochen und Abwasch kümmern und können sich ganz auf die Aufräumarbeiten und den Wiederaufbau ihrer Häuser in ihrem Dorf konzentrieren. Die Bundeswehr ermöglichte dann mit ihren Panzerbrücken, dass Schwerlastverkehr zu der anderen Seite der Ahr konnte. Damit erreichten die Dorfbewohner von Rech auch weitere Versorgungseinrichtungen sowie Hilfsgüter und Wasser - als Trinkwasser in Flaschen und als Gebrauchswasser in Containern. Es gab nun Dixiklos, eine Bundeswehrküche und Stromgeneratoren.
Mittlerweile trennt man auch die Dixiklos in solche für die normalen Geschäfte und solche für Durchfall.
Seit wenigen Tagen gibt es mobile Duschen. Bis dahin mussten sich die ganz hart Gesottenen im Bach mit bitterkaltem Bergwasser waschen. Auf Haarwäsche haben viele verzichtet. Eine zentrale mobile Duscheinheit ist nun an einer exponierten Stelle des Dorfes aufgebaut.
Kommt es dann zu einem heftigen Windstoß, reißt es die leichten Vorhänge schnell zur Seite. Besorgte Benutzer*innen duschen daher in Bikinis oder nehmen sich eine Begleitung mit, die den Vorhang zuhält. Aber alle sind froh über diesen neuen "Luxus" und arrangieren sich. Die nächsten mobilen Duschstationen sind angekündigt. Bald wird auch eine zentrale mobile Kleiderwaschstation hinzukommen. Während wir da waren, wurde eine Feldpoststation aufgebaut.
Die Menschen vor Ort leisten eine unglaubliche Arbeit. Hoffentlich gelingt der staatliche Aufbau der Infrarstruktur bald möglichst mit ebenso viel Engagement, Kooperation und Zielstrebigkeit.
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